Museum der Erinnerungen
# 2 Bilder
>>> ein Projekt von Eva Brunner-Szabo / Gert Tschögl
dieses Projekt befand sich von 2001 -2005 im Hidden Museum
Das
Museum der Erinnerungen ist ein Museum ohne Gebäude und ohne festen Ort, das
temporär in den öffentlichen Raum eindringt. Aber es beinhaltet die klassischen
Aufgaben eines Museums: finden/sammeln, erhalten/archivieren, präsentieren/vermitteln;
es ist aber auch ein künstlerischer Eingriff, der sich der Erinnerung und
des Gedächtnisses des Rezipienten bemächtigt.
Ausgangsmaterial des Museum der Erinnerungen sind meist anonyme - auf Dachböden
und Flohmärkten gefundene - Fotografien. Es sind Bilder ohne Beschriftungen.
Anlaß, Ort und/oder Zeitpunkt ihres Entstehens sind unbekannt. Die Aura des
Historischen, die diese Fotografien umgibt, soll Erinnerungen an Erlebtes
und Gehörtes wachrufen. Die BetrachterInnen und BesucherInnen des Museum der
Erinnerungen sind aufgefordert, ihre assoziativen Bemerkungen und Erinnerungen
den Fotos anzufügen. Fotos ohne Bildunterschriften sind der Anonymität und
dem Vergessen preisgegeben, fordern aber auf sich sprachlich mit Momentaufnahmen
der Geschichte auseinanderzusetzen. Mit der Sprache und dem Text jedoch eröffnet
sich auch der Diskurs um bereits Vergessenes und Verdrängtes.
Seit Herbst 1997 führt das Museum der Erinnerungen, das sich als work-in-progress
versteht, seine Projekte teils im virtuellen, teils in realen Räumen durch.
An die 250 Texte/Erinnerungen sind seit Beginn beim Museum der Erinnerungen
eingelangt. Fragmentarische, wortfetzenartige Erinnerungen, essayistische
Texte, detaillierte Situationsbeschreibungen, betroffenmachende Erlebnisberichte.Museum
der Erinnerungen wird so zu einem Wechselspiel in dem Zeitbilder Zeitzeugen
hervorrufen und umgekehrt. In der Montage und Gegenüberstellung der verschiedenen
Texte und Fotos, werden Erinnerungen und Interpretationen geschichtlicher
Ereignisse ihrer Absolutheit und Gewißheit entkleidet - und dies gilt für
den Text und das Foto gleichermaßen. Sie fügen sich aber wie Puzzlesteine
zusammen zu einem fragmentarischen Bild einer Gedankenlandkarte über unsere
Zeitgeschichte und unsere gemeinsamen Erinnerungen.
Einst gab es in England einen Beamten der den Titel "Remembrancer" trug, in
Wahrheit war dies ein Euphemismus für den Schuldeneintreiber. Es gehörte zu
seiner Pflicht, die anderen an das zu erinnern, was sie selbst gern vergessen
wollten" (Peter Burke). Als "Remembrancer" zu arbeiten ist eine der wichtigsten
Aufgaben, die Künstler wahrzunehmen haben. In diesem Sinne sehen wir uns mit
dem Projekt Museum der Erinnerungen als "Remembrancer", die Erinnerungen antasten
um Verdrängtes wachzurufen.
Sie
haben die Möglichkeit, Ihre Bildunterschrift, Ihren Kommentar, Ihre Anmerkungen
oder einen kurzen Text zu diesen beiden Fotos hier unter hidden.museum@tirolkultur.at
zu deponieren. [Vielleicht machen Sie auch kurze Angaben zu ihrer Person.]
>>>>>>>>>>>>>>>> 1.9.2003.
Diese Seite wird nun etwas mehr als zwei Jahre betreut. Untenstehend finden
Sie eine Auswahl der eingegangenen Bildkommentare. Da sich inhaltlich nichts
Substanzielles mehr zu ergeben scheint, ist es sinnvoll, die Dokumentation
abzubrechen. Obwohl der Großteil der Kommentare relativ ausführlich gehalten
ist, erinnert das Ganze doch an ein Gipfelkreuzbuch. Wie dort wird auch hier
formal und inhaltlich zitiert. Wie sich dort vor die Landschafts- und Körpererfahrung
Geschriebenes schiebt, so scheinen sich hier Texte vor die Bildbetrachtung
zu schieben. Sicher, die Sache ist brüchig, schleicht sich dann doch wieder
auf diese oder jene Weise Biographisches ein. Erinnerung an Gipfelbücher auch
dort, wo Eigenes an anderer Stelle deponiert, abgelegt wird. Das Internet
ist ja der eigentliche Fäkalraum der Postmoderne. Hier vermengt sich alles,
ohne dass die Akteure letztlich miteinander in Beziehung treten. Es ist keine
Frage der Person, sondern eine des Mediums. Andererseits finden sich in den
Kommentaren vielfache Überschneidungen. Auf der Textebene hängen alle Beobachtungen
letztlich wieder zusammen, bildet sich eine innere Struktur. Dies gilt selbst
für vollkommen konträre Interpretationen. Während manche die beiden Frauen
auf der Flucht sehen, fällt anderen zu diesem Foto eine komische Situation
ein. Würde man mit Hilfe eines hermeneutischen Verfahrens diese Kommentare
aufarbeiten, so würden sich selbst solche Widersprüche auflösen. Wird das
so gesammelte Material nicht bearbeitet, haben wir es mit einer einzigen Aneinanderreihung
von Kommentaren und Meinungen zu tun. So verschwindet das Deponierte in einer
Art medialem Blinddarm. Es ist, und das gilt auch für mich, als hätte man
in die Luft gesprochen. Auch wenn sich über die beiden Fotos eine Vielzahl
von sicheren Aussagen machen lässt, so liegt das Entscheidende nicht im eruierten
Wahrheitsgehalt der Abbildungen, sondern in der inzwischen banalen Tatsache,
dass wir vor allem etwas über das Interpretationsverhalten in den Jahren 2001/
2002/ 2003 erfahren. Eine Art Rorschachtest. Menschen werden banale Bilder
zur Entschlüsselung vorgelegt. Sie bemühen sich um eine Deutung, dabei geben
sie nur Aufschluss über sich selbst. Das ist auch ein Grund, an dieser Stelle
die Dokumentation abzubrechen. Sollten Sie aber, was nicht anzunehmen ist,
mit Sicherheit um den Fotografen oder die Fotografin wissen oder Ort und Anlass
der beiden Aufnahmen bestimmen können, so wird Ihnen nach wie vor unsere Aufmerksamkeit
sicher sein. Bernhard Kathan <<<<<<<<<<<<<<<<<<<
Die Spaziergänger. Ein Mann macht mit drei Frauen einen Ausflug. Die Symmetrie
verleitet uns, im Fotografen einen Mann zu sehen, die Handtasche, welche der
Mann trägt, legt allerdings die Vermutung nahe, dass es sich bei dieser Person
um eine Frau handeln muss. Sie und die drei abgebildeten bilden ein Gruppe.
Es kann sich um Eltern mit ihren beiden erwachsenen Töchtern handeln. Zwischen
den beiden flüchtenden Frauen und dem Fotografen dieses Bildes gibt es dagegen
keine Verbindung. Wer zur Flucht gezwungen ist, macht keine Fotos, bringt
sich nicht in Position. Zwischen dem Fotografen und den beiden Frauen herrscht
eine absolute Kluft, und es ist anzunehmen, dass der Fotograf jenen zuzuordnen
ist, welche die Fluchtbewegung ausgelöst haben. Ein Schnappschuss als Beutestück
eigener Überlegenheit.
Eine
- unheimliche - Ruhe und Selbstzufriedenheit liegt über dem Bild. Das schmale
Oberlippenbärtchen und die Dirndltracht lassen an die 30er Jahre denken. Der
klare, blanke Weg führt hinein ins Bild. Mit sicherem Schritt, leichtem Gepäck
(und klaren Schatten) unterwegs in der heimischen Landschaft. Unter sich sein.
Lächeln in die Kamera. Der Fotograf ist der vierte im Bunde. Ankommen.
Eilige Schritte auf unsicherem Boden, den Blick unter der Last gesenkt. Ins
Bild, durchs Bild, aus dem Bild hinaus. Das Zentrum bleibt leer. Der Boden
zerrinnt ebenso wie die Landschaft im Hintergrund. Eine fremde Gegend. Kein
Lachen in die Kamera. Die beiden Frauen und die Kamera berühren sich kaum.
Als seien beide in Gefahr. Ein flüchtiger Blick (im Fahren?) auf Flüchtige?
Weggehen.
Zweierlei
Gepäck
Nach dem ersten schnellen Einordnen werden mir die Bilder immer fremder und
fraglicher.
Das eine Bild mit den drei Personen, ein Sonntagsausflug, oder doch eher ein
Besuch bei Freunden oder der Familie. Das Gepäck ist für einen Ausflug zu
groß und untypisch. Die Blumen, welche die junge Frau im Korb mitträgt, könnten
als Mitbringsel gedeutet werden. Was mag wohl in diesem Koffer, dem Rucksack
eingepackt sein? Beim Körbchen der jungen Frau muß ich an Rotkäppchen denken.
Die beiden Frauen haben sich schön angezogen. Dabei wirken die Dirndln eher
ärmlich, ebenso die aufgebügelten schneeweißen Blusen wie die als Schmuck
auf die Schürze aufgenähte Bordüre, ebenso die betont sportlichen Hüte. Sie
wirken stolz und doch auch verlegen. Der Mann im Vordergrund hat seinen Koffer
gegen die Damentasche getauscht. Alle drei schauen in die Kamera. Sie sind
Subjekte des Bildes, so möchten sie sich an diesen Augenblick erinnern. Das
Bild als Gesamtes hat etwas Statisches, im Hintergrund sind kleine Einfamilienhäuser
in ländlicher Gegend zu sehen, die Straße ist asphaltiert, aber ohne Gehsteig.
Sie haben den Boden fest unter den Füßen. Noch fest? Wieder Fest? So läßt
sich für mich auch die Zeit schwer einschätzen. Zwischenkriegszeit? Fünfziger
Jahre? Etwas nicht ganz Selbstverständliches, Unsicheres hat es auch, wobei
ich es nicht genau festzumachen weiß.
Daneben zwei Frauen: Sind sie auf der Flucht oder werden sie vertrieben? Es
scheint, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Mein Blick
bleibt als erstes an den dünnen Halbschuhen der einen Frau hängen. Es ist
kein gutes Schuhwerk, wenn man den Weg so unter die Füße nehmen muß. Sie haben
große unförmige Säcke geschultert, die nicht leicht sind. Man sieht das an
ihrer gebückten Haltung. Vielleicht ihr Hausrat, Wäsche, alles was sich so
in der Eile hineinstopfen ließ. Das Bild vermittelt ein Gefühl von Bewegung,
Auflösung. Im Hintergrund ist eine schwarze gähnende Fensteröffnung sichtbar,
die Steinmauer ist nur lose aufgeschichtet. Steine sind aus ihr herausgebrochen.
Die Straße ist nicht asphaltiert. Es ist eine ärmliche,vielleicht schon zerstörte
Gegend. Die zwei Frauen schauen zu Boden, scheinen vom Fotografen keine Notiz
zu nehmen. Sie sind eingeschlossen in ihrer Erfahrung. Mein Blick auf sie
ist durch den Fotografen, durch das Foto vorgegeben. Kommt mein Mißbehagen
daher, dass es mich an die vielen Fernseh- und Pressebilder von den Vertriebenen
des Jugoslawienkrieges erinnert, wo ich mich in dieser Zuseherrolle so unwohl
fühlte?
1.
Bild: "Ute und ich beim Sacktragen-Wettlauf. Ute schaut ganz schön angespannt
drein während ich mir das Lachen nicht verkneifen konnte." 2. Bild: "Unserer
erste Reise ans Meer. Schade dass das Geld nicht gereicht hat."
2
Gesichter der Flucht
Es fällt allzu leicht, die beiden Fotos mit Vorstellungen zu füllen. Diese
Bilder im Kopf sind ein Teil der kollektiven Erinnerung, einer stereotypen
Vorstellung von Schmutz und Armut in den von der Wehrmacht überfallenen Gebieten
Osteuropas - einem Bild, das von deutscher Überlegenheitskultur geprägt ist
und das in den Feldpostbriefen der Soldaten oder in den Kriegserzählungen
der Väter und Großväter überliefert wird. Ebenso wie der touristische Blick
und die ebensolchen Erzählungen aus den überfallenen Ländern West- und Südeuropas,
diesen Ländern, die einmal zu den Urlaubsländern der Deutschen und Österreicher
werden sollten. Die Empfänger dieser Überlieferungen werden mit diesen übernommenen
Bildern gleichsam zu Wehrmachtsangehörigen.
Die erste Assoziation: die drei Wanderer auf dem zweiten Bild sind Westeuropäer.
Die Landschaft tut ein übriges. Das Idyll eines Mittelgebirges mit üppigen
Wiesen und sauberen Häuschen. Vielleicht entsprechen die drei sogar dem Selbstbild
der "Herrenrasse": sogar auf der Flucht adrett und wohlgeordnet, mit einem
Lächeln für die touristische Kamera. Flucht? Die Wanderer haben doch noch
die Muße, für ein Foto innezuhalten. Vielleicht ist es ein zweiter Mann, der
vierte im Bunde, womöglich der Ehemann einer der beiden Frauen, der ein wenig
vorausgegangen ist, um dieses Bild zu machen: Sommerfrischler beim Spaziergang.
Verräterisch sind nur die Rucksäcke, Köfferchen und übervollen Taschen. Braucht
man das alles für das Picknick im Grünen? Woher die drei kommen, ist unerheblich.
Vielleicht ist es das Dorf im Hintergrund, vielleicht ist das Dorf auch nur
eine Zwischenstation der sonnigen Wanderung. Wohin die drei gehen, diese Frage
stellt das Foto nicht. Sie könnten sich ebenso gut gleich an Ort und Stelle
in die blühende Wiese setzen und den Tag genießen - wäre da nicht das Gepäck...
Dagegen die Flüchtenden auf dem ersten Foto: das illustrierte Klischee einer
Flucht. Hab und Gut zusammengeschnürt über die Schulter geworfen, zwei Frauen,
deren Männer als Soldaten gegen die Aggressoren kämpfen mögen, in rascher
Bewegung. Sogar die bewegte Unschärfe des Bildes scheint zu suggerieren: nur
weg von hier - von links nach rechts durch das Bild. Hier gibt es kein Woher,
auch kein Wohin. Flucht? Warum keine Bäuerinnen bei der Hofarbeit? Doch dann
vermutlich gäbe es das Bild nicht, das Bild eines fremden Betrachters, sich
Bewegende von einem sich Bewegenden aufgenommen, die Bewegungen in entgegengesetzter
Richtung. Vielleicht eine Kamera mit ihrem Besitzer auf dem Weg zur Front
fotografierend zwei vor der Front Flüchtende...
"Bis jetzt war es ja eine große Kraft durch Freude Reise." (Dt. Kriegsteilnehmer
in Frankreich 1940, aus: Klaus Latzel: Tourismus und Gewalt. Kriegserinnerungen
in Feldpostbriefen. In: Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht. 8. Aufl.,
S. 447-459, Frankfurt 1997) "...Wie Du aus Zeitungsberichten, Wochenschauen
etc. weißt, ist hier fast alles abgebrannt. Die Wege sind grundlos. Wenn wir
als rückwärtiges Heeresgebiet die Gegend von Partisanen, Juden und anderem
Gesindel gereinigt haben, ziehen wir weiter, und uns folgt die zivile Verwaltung,
um den Neuaufbau vorzunehmen..."
(Feldjust.Insp. F.A., Feld-Kdtr. 199 V, FPN 44345, aus: Walter Manoschek (Hg.):
"Es gibt nur eines für das Judentum: Vernichtung". Das Judenbild in deutschen
Soldatenbriefen 1939-1944. 3. Aufl., S. 48, Hamburg 1997)
2
Realitäten - oder doch nur eine? Ich sitze vor den zwei Fotografien, mein
erster Gedanke - typisch: Frauen tragen schwere Lasten, der Mann mit auf dem
"Sonntagsausflug" trägt die Handtasche seiner Frau. Ein zweiter Mann fotografiert
vielleicht diese idyllische Szene. Dann versuche ich die Zeit einzuordnen
- Zwischenkriegszeit oder Nachkreigszeit? Das Foto mit den Spaziergängern
wirkt sehr statisch, der Mann schaut skeptisch, unsicher - trägt ein Hitlerbärtchen,
versucht ein Lächeln, die Frauen haben sich herausgeputzt, lächeln für den
Fotografen, tragen die Schildmützen ihrer Männer als Sonnenschutz (?), eine
einen Koffer, die andere einen Rucksack. Was mag wohl drin sein? die Brotzeit?
heute würde man wohl Picnic sagen, oder ist es doch vielleicht ihr ganzes
Hab und Gut - wer weiß? Das andere Foto hat mehr Dynamik. Die Frauen haben
es eilig. Ich kann mich nicht entscheiden - sind sie auf der Flucht oder tragen
sie Gesammeltes heim, kommen sie vom Feld mit Futtersäcken fürs Vieh. Irgendwie
hat dieses Bild eine Zeitdimension, der Hintergrund ist ganz verschwommen,
je länger ich schaue, umso schwerer wirkt die Last der Frauen und ich überlege,
wie schnell eine Frau mit soviel Gepäck laufen kann. Die Gesichter wirken
sehr konzentriert. Überlebenwollen setzt viel Kraft frei. Ich frage mich,
wollen sie für den nächsten Sonntagsausflug überleben oder geht es darum,
eine neue Heimat zu finden.
Ob
die Kinder der beiden Frauen ihre Geschichte erzählen können? ... ein Foto
fürs Familienalbum. Aber was mich eigentlich interessiert, ist der Maschendrahtzaun,
der quer durchs Bild verläuft.
die
anatolische akazie. (bold letters)
am neunzehnten juli 1931
der schnurrbart und die irmgard wie auch ihre scheinbare tante die sich im
vordergrund des portrait's des oben erwähnten baumes befinden, gehören natürlich
nicht ins bild.
diese st. pöltner sind unterwegs zu einer heimwehr versammlung und kamen hier
vorbei in dem augenblick in dem unser foto graf geblitzt hat. und es war seine
letzte platte.
der konrad weiß es nicht. der konrad oberholzer in dessen handtasche sich
die thermosflasche befinded, hat keine blasse ahnung.
wovon er nichts weiss ist das faktum daß seine relevanz darin besteht dem
auf der oberlippe sitzenden gewächs als vehikel zu dienen bis daselbige einen
platz finded der sich als geeignet erweist, ihm als fruchtbaren boden zu dienen,
um im laufe der jahre sich in eine eiche zu entwickeln, deren bretter für
das seitentor der ruprecht kirche vorgesehen sind.
si vis pacem mortadella. (bold letters)
am elften januar 1924.
auch hier, wie früher, ist das thema 'beförderung' offenbar. jedoch kein schnurrbart
in sicht.
diese zwei kagraner sind im begriff sich zum örtlichen bäcker zu begeben um
ihre tägliche ration zu ergattern. in dem sack den jeder zum einkauf tragen
muss befindet sich das täglich gedruckte notgeld welches heutzutage vielfachlich
schwerer ist als der einkauf.
dem bäcker zahlt die bank eine "entlastungssumme" als anerkennung dessen er
ihnen die stapelierungssorgen abnimmt. gleichzeitig, durch die verwendung
des papiergeldes als brennmaterial, sind für den knetermeister die betriebskosten
bedeutlich reduziert (brennwert größer als nennwert).
somit ist in dieser welt jedem geholfen.
Ein
Bild der Flucht...?
..woher?
...wohin?
ein festgehaltener Augenblick dazwischen
warum festgehalten?
von wem festgehalten?
welche Rolle hat die fotografierende Person inne?
eine außenstehende?
Leben die Akteure gar nicht mehr?
Ein Bild der Heimkehr...?
...woher?
...wohin?
ein festgehaltener Augenblick dazwischen
warum festgehalten?
von wem festgehalten?
welche Rolle hat die fotografierende Person inne?
eine mitagierende?
Bei
paralleler Betrachtung beider Bilder (wenn das Bild mit den 2 Frauen links
liegt) wirken diese auf mich wie Filmsequenzen bzw. zwei Standbilder, die
folgende Bildunterschriften assoziieren: 1 flüchtig inne-haltend vorwärts
2 stehenden Schrittes rückwärts zu 1: Die unscharfe Aufnahme erweckt den Eindruck
von flüchtig, spontan, kurzlebig und ist unbemerkt aufgenommen, bzw. mit der
Kamera mitgeschwenkt > im Fluss der Zeit. zu2: Bei diesem Bild scheint
der Film rückwärts zu laufen, d.h. die Protagonisten entfernen sich nach hinten
aus dem Bild, wobei der Eindruck entsteht, dass sie für kurze Zeit innehalten
und possieren.
es
ist wie beim rorschach-test. man legt mir zwei bilder vor und ich erkenne
nationalsozialismus und krieg, hier in form von hamstern und vertreibung.
natürlich erkenne ich mehr, und es gibt keine eindeutige zuordnung, und warum
rede ich überhaupt vom nationalsozialismus? wir haben in einem bild die biederen
herausgeputzten leute mit für einen spaziergang zuviel, für alles andere zuwenig
gepäck, die biederen alemannischen häuschen, die saubere asphaltierte straße,
der maschendrahtzaun, der blick in die kamera. warum hamstern? die kostümierung
läßt auf städter schließen, die umgebung aufs land. das gepäck läßt auf nichts
schließen, man kann nur raten: ein picknick, ein paar kleinigkeiten als geschenk
für die verwandten, oder eben hamstern. das zweite bild ist viel eindeutiger.
bewegung wie flucht, das foto wie aus einem auto heraus aufgenommen, das gepäck
wie das von der persönlichen habe gerettete, oder das, was man gerade noch
mitnehmen kann, die kleidung ärmlich oder funktionell, die gebäude im hintergrund,
soweit erkennbar, eher ärmlich, vielleicht osteuropäisch. wie gesagt, dieses
bild erscheint mir eindeutig, etwas anderes als flucht oder vertreibung kann
ich mir da nur schwer vorstellen. vielleicht kommt daher die assoziation bei
dem so entgegengesetzten ersten bild, daß es auch im krieg spielen müßte,
vielleicht kommt sie aber ganz woanders her.
ERZÄHLE
ERZÄHLE MIR
ERZÄHLE UNS EINE GESCHICHTE
DEINE GESCHICHTE
UNSERE GESCHICHTE
ERZÄHLE SIE VOLLSTÄNDIG
NICHTS SOLL DABEI VERGESSEN WERDEN
NICHTS DARF DABEI VERGESSEN WERDEN
ALLES SOLL GESAGT WERDEN
WEIL
WIR MÖCHTEN ALLES HÖREN
WIR MÖCHTEN ALLES SEHEN
WIR MÖCHTEN ALLES WISSEN
WISSEN DAMIT ES BLEIBT
WISSEN DAMIT ES NICHT VERGESSEN WIRD
DAMIT DASS NICHT
ANDERE DIE GESCHICHTE ERZÄHLEN
DEINE GESCHICHTE ERZÄHLEN
UNSERE GESCHICHTE ERZÄHLEN
UND VERGESSEN
UND DABEI VERGESSEN
DICH DABEI VERGESSEN
DEINE EXISTENZ DABEI VERGESSEN
DICH AUSLÖSCHEN
AUS DER GESCHICHTE
AUS DER ERINNERUNG
AUS DEINEM LEBEN
black
and white pictures selected by someone .
tourists / natives , leisure / work , above / below.
all are human adults, all were alive at the times that the photos were taken.
memory
- history
Textkommentar: ein unbekannter Ort 1938 - 1945. Ein Mann mit Hitlerbart und
Rucksack - 2 Frauen an einem Sommertag - auf einer Wanderung - ein Standbild
für ein Foto. Die fotografierende Person fehlt.
Bildkommentar:
ein unbekannter Ort 1938 - 1945. 3 Frauen, eine mit Rucksack an einem Sommertag
- auf einer Wanderung - ein Bewegungsbild für ein Foto. Die fotografierende
Person fehlt.
Die
Menschen auf den Bildern (- zumindest die, die ich visuell ausmachen kann)
stehen bzw. halten ihre Füße "im Schritt", schreiten (fort? - "Fort-schritt"?-
Aber wovon bzw. wozu bzw. wohin?). Es scheint, als wären sie unterwegs, "in
Gang". Rechts: Ein Mann und zwei Frauen - diese mit sportivem Käppchen (!)
und leichtem Handgepäck - (Interessant: der Mann - ohne Hut!! - geht einen
Schritt weiter vorne, trägt aber so etwas in der Hand, was wir heute als "weibliches
Attribut" bezeichnen würden, nämlich eine Handtasche!) in adretter, ländlicher,
volksnaher Kleidung auf einer breiten, festgetretenen, "sauberen" Straße.
Links: Zwei Frauen mit traditionellen Kopftüchern, große Last auf dem Rücken
schleppend, leichten Schuhen bekleidet - in einer zerrütteten, zerstörten,
in Trümmern liegenden Umgebung. Was mir noch sofort ins Auge sticht, ist eigentlich
paradox: Obwohl das rechte Bild von seiner Aufnahmequalität eine relativ scharfe
Einstellung aufweist, wirkt es in der Aussage unscharf, keine konkreten Anhaltspunkte
ergeben sich bezüglich der momentanen Aufnahmesituation, des Hintergrundes
bzw. der jeweiligen Umstände, Zusammenhänge. Das linke Bild ist zwar "verschwommener",
wirkt dennoch beim unmittelbaren Hinschauen in seiner Aussage schärfer, präziser.
1.
Sommerfrische können wir uns nicht leisten, dafür verdient der Albert bei
der Post nicht genug. Aber es ist ein sicherer Posten, jetzt, wo doch viele
arbeitslos sind. Da muss man zufrieden sein. In Sommerfrische gehen können
wir nicht, aber wir haben die Mitzi, meine Schwester, die hat aufs Land geheiratet.
Die hat mit ihrem Mann, der Fritz ist Eisenbahner, ein Häuschen gebaut. Der
Fritz ist ist ein braver Mann, fleißig und sparsam. Der geht nicht ins Gasthaus
und bringt sein ganzes Geld heim. Wie mein Albert auch. Der Albert hat ihnen
beim Bauen geholfen, jeden freien Tag. Am meisten Arbeit war das Ziegelgießen,
da haben auch wir Frauen und die Kinder mitangepackt. Gottseidank hat es in
diesem Sommer nicht so viel geregnet, da sind die Ziegel schneller getrocknet.
Vom ersparten Ziegelgeld haben sie das Dach eindecken können. Seither fahren
wir jeden Monat einmal übers ganze Wochenende auf Besuch zu ihnen. Unserer
Anni tut die gute Landluft wohl, da wird sie den Winterhusten wieder los.
Die Mitzi meint, das macht ihre Ziegenmilch, die wirkt Wunder. Sie haben nämlich
zwei Ziegen. Die brauchen nicht viel und geben gut Milch. Die Mitzi stampft
sogar Ziegenbutter und macht Ziegerkugeln. Da gibt sie uns immer einen Vorrat
davon mit. Im letzten Jahr hat der Fritz einen Photoapparat gekauft. Und da
hat er uns photographiert, wie wir gerade zum Geburtstag von der Mitzi gekommen
sind. Unsere Anni ist ganz stolz auf ihr Dirndl, das habe ich ihr zur Firmung
genäht Sie sieht ja wirklich ordentlich aus, schon richtig erwachsen. Einen
Strohhut hätten wir beide gern. Der wäre in der Sonne nicht so warm und richtig
elegant. Aber Alberts Schildkappen sind auch ein feiner Sonnenschutz, und
wir sehen damit doch ganz respektabel aus. Der Albert und die Anni haben ihre
Sachen im praktischen Rucksack mit. Ich nehme lieber mein schönes Kofferl,
sieht aus wie auf Reisen. Mein Albert trägt mir auf dem Photo meine Handtasche.
Das macht er immer, wenn wir zur Mitzi fahren. Daran merkt man seine gute
Laune. Das Photo mögen wir, es steckt hinter dem Glas von der Küchenkredenz.
2. Gekommen sind sie, letzte Woche - gerade noch Zeit zum Verstecken - wir
und die Kinder - versteckt, aber alles zurückgelassen - die Männer weg - hinhören
müssen auf den Lärm -Feuer und Rauch - Wut, Ohnmacht, Tränen - den Kindern
den Mund zuhalten - fest an sich pressen - wir müssen durchhalten - die Kinder
brauchen uns warten - steif vor Angst - warten - horchen auf jeden kleinsten
Laut - warten - was wird sein - dann sind sie weg - zerschlagen, zerschossen,
zerstört fast alles - wir suchen nach Brauchbarem - schaffen es unter ein
Dach - unsere Tränen sind eingefroren - wir müssen durchhalten - die Kinder
brauchen uns.
Ich
habe mir 2 Überschriften ausgedacht:
1. Foto: Spaziergang bei schönem Wetter an einem Sonntag.
2. Foto: Spaziergang?
Ich
fange mit dem ersten Bild an. Es erinnert mich an eine Fotografie, die ich
vor 10 Jahren in einem Dorf in Ecuador gemacht habe. Die Menschen tragen eine
schwere Last, sind ärmlich gekleidet, tragen eine Kopfbedeckung, im Hintergrund,
verschwommen, eine ärmliche Gegend. Den Gesichtsausdruck der Person (ist es
ein Mann, eine Frau?) interpretiere ich als verschlossen, uneinsehbar. Die
Frau neben ihr/ihm dreht sich ab. Das Bild kann genauso vor einer Woche entstanden
sein. Es hängt vom Betrachter ab, ob er es für sich positiv oder negativ interpretiert.
Das zweite Bild: Sommerfrische in Bayern, oder Wochenendausflug. Selbstbewusst
und zufrieden stehen die 2 Frauen am Weg. Freudig über das was war, was kommen
wird. Geschwister oder ein junges Paar, das die Schwester mitnimmt oder Geschwister,
die die Eltern besuchen, im Sonntagsgewand. Ich habe vergessen folgenden Text
zum ersten Bild zu schreiben, vielleicht kennen Sie ihn: "Hätte ich bei der
Landung in Trude nicht mit großen Buchstaben den Namen der Stadt gelesen,
ich hätte geglaubt, auf demselben Flughafen angekommen zu sein, von dem ich
abgeflogen war. Die Vororte, durch die sie mich fahren ließen, waren nicht
anders als die anderen, die gleichen gelblichen und grünen Häuser. Den gleichen
Hinweisschildern folgend, umfuhr man die gleichen Anlagen der gleichen Plätze.
Die Straßen im Zentrum stellten Waren, Verpackungen, Schilder zur Schau, die
in nichts anderes waren. Es war das erste Mal, dass ich nach Trude kam, aber
schon kannte ich das Hotel, in das ich geriet; meine Gespräche mit Käufern
und Verkäufern von Schrott hatte ich bereits gehört und gesagt; schon andere,
ganz gleiche Tage waren mit dem Blick durch die gleichen Trinkgläser auf die
gleichen wabbelnden Bäuche zu Ende gegangen. Warum überhaupt nach Trude kommen?
fragte ich mich. Und wollte wieder abreisen. "Du kannst abfliegen, wann du
willst", wurde mir gesagt, "aber du wirst zu einem anderen Trude kommen, das
Punkt für Punkt gleich ist, die Welt ist überdeckt von einem einzigen Trude,
das nicht anfängt und nicht aufhört, nur am Flughafen den Namen wechselt."
Italo Calvino
Natur,
Sonnenschein, die Leute machen einen Spaziergang. Sie haben Zeit, sie bleiben
auch stehen und schauen in den Photoapparat. Sie sind gut genährt und anständig
gekleidet. Alle tragen ein Handgepäck, machen sie einen Tagesausflug? Der
Mann trägt noch die Handtasche der hinteren Frau oder der Photografin: Eine
kleine Gruppe macht einen Ausflug. Einwand: Der Mann hat schmutzige Schuhe
an, das Hemd bis zur Brust offen, er trägt einen Rucksack. Kommt er gerade
von der Arbeit? Wurde er gebeten, sich zu den 2 Frauen dazu zu stellen und
man drückt ihm noch die Handtasche in die Hand. Dies würde sich darin bestätigen,
dass er vor Ihnen geht, selbst die beiden Frauen sind nicht direkt nebeneinander.
Würde die Gruppe zusammen gehören, und jemand aus der Gruppe photographieren,
würde das Lächeln doch nicht so aufgesetzt sein. Die rechte Frau trägt eine
Hausschürze über das einfache Dirndl, macht mir eher den Eindruck, als wäre
sie aus ihrer Arbeit gerissen worden. Die linke Frau könnte einen Besuch machen,
sie ist schön gekleidet, trägt schöne Strümpfe. Meine Meinung: gestelltes
Photo, der Mann gehört nicht dazu, die rechte Frau auch nicht, die linke Frau
besucht jemand. Daher gezwungenes Lächeln. Könnte Hitlerzeit sein, vor dem
Krieg. Will den Schein vermitteln: wie gut geht es den Leuten doch mit Hitler.
Linkes Bild: Die Natur ist verschwommen, es drückt Zeitmangel aus. Die Frauen
sind einfach gekleidet, haben keine Zeit stehen zu bleiben, schauen auch nicht
in den Photoapparat. Mageres Gesicht, Kopftuch, woher kommen sie, was treibt
sie an? Sie tragen schwer. Wo sind die Männer, wieso helfen sie ihnen nicht?
Sind sie im Krieg gefallen?
Könnte Kriegs- oder Nachkriegszeit sein.
Rechtes
Bild: Stadtbesuch. Familie Huber kommt von ihrem Stadtbesuch zurück. Alle
drei sichtbaren Personen, und wahrscheinlich auch der Photograph, haben ihr
"schönes Sonntagsgewand" an. Die Frauen tragen die Kappen ihrer Männer, damit
sie die Sonne nicht so blendet. Vielleicht finden sie auch gerade diesen Anblick:
Frauen mit Männermützen so lustig, dass sie sich entschließen, dieses Photo
zu schließen. Wahrscheinlich haben sie eine Nacht, oder vielleicht zwei Nächte,
bei Verwandten in der Stadt verbracht. Doch: Warum waren sie in der Stadt?
Was gab es dort wichtiges zu sehen, zu erleben? Vielleicht ein großartiger
Umzug / eine Parade? Ein militärisches Aufgebot von hundert oder tausend Mann?
Zwischendurch immer wieder Musikkapellen zur Unterhaltung. Unzählbares Publikum:
Erwachsene im Sonntagskleid, Kinder auf den Armen ihrer Eltern mit Fähnchen
in der Hand stehen am Straßenrand. Auch aus den Fenstern der Häuser gibt es
zahlreiche, jubelnde Zuschauer. Und irgendwo mitten in den Massen Familie
Huber.
Linkes Bild: Wohin führt der Weg? Die Unschärfe des Bildes, sowie das
wenig Erkennbare, erzeugen in mir ein Bild von: Armut - Hoffnungslosigkeit
- Orientierungslosigkeit. Was wird die Zukunft diesen beiden Menschen wohl
bringen? Wo führt der Weg die beiden Menschen im Bild wohl hin? Einerseits
könnten es zwei Menschen bei ihrer Arbeit sein. Schwere körperliche Arbeit
mit wenig Lohn - meist, so wie es früher war nur für Kost und Unterkunft bei
einem Bauern. Getan wird, was der Bauer verlangt - ohne lange zu murren. Auch
wenn die Arbeit sehr schwer ist - man macht sie, weil man froh ist überhaupt
Arbeit, etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen zu haben. Andererseits
könnten diese beiden auch auf der Flucht sein. Vertrieben aus ihrem Land -
auf der Suche nach einem Ort, der ihnen wieder Sicherheit und Geborgenheit
bietet. Auf der Suche nach einer neue Heimat. In der sie niemand verhaftet
oder umbringt wegen ihrer Religion, politischen Haltung, ihrer Herkunft usw.
Rechtes
Foto: Dieses Bild erinnert mich sehr an meinen Opa. Aus Erzählungen weiß
ich, dass er ständig fotografierte, sei es bei der Feldarbeit oder beim Familienausflug,
die Kamera war überall dabei. Familienausflug in der "Sonntagsmondur", so
würde ich das Bild betiteln. Wohin wird es wohl gehen? Vielleicht an einen
Badsee, es könnte aber auch ein Ausflug zu einer Wahlfahrtskirche sein oder
einfach ein ganz normaler Spaziergang, mit einer "Marent" im Rucksack.
Linkes Foto: Verwüstung, Ruinen, Trauer, Armut, all diese Begriffe
passen zu diesem Bild. Irgendwie ist die erste Assoziation, dass es sich hier
um ein Bild aus der Kriegszeit handelt. Es drückt das totale Gegenteil zum
anderen Bild aus. Dort scheinen mir alle zufrieden, eine sogenannte heile
Welt vor Augen. Es könnte aber auch nur eine gespielte Idylle sein. Der Versuch
die Vergangenheit zu vergessen, sie zu verdrängen. Zu Beginn habe ich geglaubt,
dass das rechte Bild älter sein wird und das linke Bild später aufgenommen
wurde und man damit zeigen wollte, wie die "guate alte Zeit" war, aber nach
genauerer Betrachtung kam ich zu dem Schluß, dass es eher umgekehrt sein muß.
Im rechten Bild versucht man die furchtbare Zeit zu vergessen. Lange genug
war sie da. Dagegen stellt das linke Foto die Realität der damaligen Zeit
dar. Man kann sehen wie es war. Solche Fotos sieht niemand gerne, jeder bevorzugt
die Bilder, auf denen alle fröhlich und in einer schönen Umgebung dargestellt
sind- auch wenn die Realität ganz anders aussieht, aber die ist auf solchen
Darstellungen nicht erwünscht.
Rechtes
Bild: Reisende, die erholt und glücklich von ihrer Sommerfrische auf dem
Weg nach Hause sind.
Linkes Bild: Auf der Flucht. Zwei Leute verlassen mit allem, was sie
gerade tragen können, ihre Heimat.
meine
grossmutter erika prett zu den bildern des museums der erinnerungen: " ja,
das bild oben erinnert mich an die zeit meiner eltern, also, das bin ich und
meine eltern. genauso haben wir ausgesehen in den 20ern und 30ern. alle haben
dirndln anghabt, alle waren gleich. also oben sind die herrschaften und unten
sind die dienstmadeln, die arbeiter. unten, das sieht aus wie nach einer ueberschwemmung.
das hab ich als kind in cilli (slowenien) auch miterlebt. ja, das war eine
zeit ohne geld, eine zeit der armut."
"Schaut
uns nur an, was wir für eine nette deutsche Familie sind. Ich immer einen
Schritt voraus, die beiden Damen mir nach, brav und respektvoll. Im Wald und
auf der Heide, da such ich meine Freude ... . Man sieht mir doch wohl an,
dass ich ein ganz rechtschaffener Bürger bin, und das wissen meine Frau und
meine Tochter auch ganz genau, deshalb sind sie auch so stolz auf mich. Wir
kleiden uns auch ganz so, wie es richtig und anständig ist. Die Frauen haben
ordentliche Strümpf und Schuh an - diesen neumodischen Schmarrn gibts bei
uns daheim nicht - und ich trag schon eine Weile meinen Oberlippenbart. Er
unterstreicht ein bisschen meinen Tatendrang und mein Durchsetzungsvermögen.
Wir können dem Herrgott schon danken, dass er uns eine so schöne Natur geschenkt
hat und ich bin überzeugt, dass mit der richtigen Portion an Rechtschaffenheit,
Mut und Wille es jedem auf dieser Welt möglich ist, etwas aus sich und seinem
Leben zu machen. Ich bin ja das leibhaftige Beispiel dafür. Eine harte Kindheit
hab ich gehabt, alles hab ich mir im Schweiße meines Angesichts mit diesen
meinen Händen erarbeiten müssen, aber der Lohn ist nicht ausgeblieben. Ja,
ja, die Armut, die gibt's schon noch hier und da, aber was soll's, die Leut
müssen halt schauen, wie sie weiterkommen. Mir hat auch niemand rausgeholfen,
bin ganz allein zu dem geworden, der ich heute bin. Schaut's mich an!"
Rechtes
Bild: Auf dem Bild sieht man einen Mann und zwei Frauen. Vor allem die
mittlere Frau ist gut gekleidet, der Mann geht etwas voraus und trägt eine
Frauenhandtasche, auch die anderen tragen leichtes Gepäck. Alle drei blicken
frontal in die Kamera, die Sonne scheint, die dahinterliegende Landschaft
ist üppig, alles wächst. Vermutlich fungiert der Mann als Träger und hat beide
oder zumindest eine der beiden Frauen abgeholt, alle haben viel Zeit, das
Bild vermittelt eine gewisse Ferienstimmung. Der Kleidung nach ist das Bild
aus den 30er Jahren entstanden, vermutlich noch vor dem Krieg, als die Welt
sozusagen (zumindest dem Schein nach) noch in Ordnung" war.
Linkes Bild: Hier sieht man zwei Frauen, die, zumindest die vordere,
unterernährt und verhärmt aussehen. Sie blicken zu Boden und tragen schwere
Säcke auf dem Rücken, vielleicht sind sie auf der Flucht und in den Säcken
befindet sich ihr letztes Hab und Gut. Dieses Bild wurde von der Seite aufgenommen
und ist etwas verschwommen. Die Landschaft ist zerstört, der Weg führt durch
Trümmer und ist nicht klar abgegrenzt.
Foto
(rechts): Es ist die Zeit vor dem Zweiten Welt Krieg (Das kann man durch
ihre Kleider erkennen). In diesem Foto herrscht eine fröhliche Stimmung: Lächeln,
bunte Kleider von Frauen, Sonnenschein. Es muss schön warm gewesen sein, denn
man trägt ein Hemd, das weit angeknöpft ist und die Frauen haben kurzärmelige
Blusen an. Im Hintergrund sieht man schöne Natur. Bäume und Berge sowie zwei
nette Häuser wirken sehr berühigend und fröhlich. Besonders erzeugt traditionelle
Kleider von Frauen "Heimat-Gefühl".Alle diese Elemente schaffen Bild der schönen
und glücklichen Vorkriegszeit und "Heimat".
Foto (links): Hingegen wirkt dieses Foto sehr traurig. Es muss die
Zeit des Krieges oder kurz nach dem Krieg gewesen sein. Die zwei Leute tragen
Kopftücher und haben dunkle Kleider an, die nicht schön sind. Sie tragen auch
große Säcke, die sehr schwer aussehen und die sicher diese zwei Menschen belasten.
Man sieht kein Lächeln, keine schöne Natur im Hintergrund. Gebranntes Feld
in der Mitte zeigt, dass es dort bombardiert wurde. Alle diese dunkle Elemente
erzeugen traurige Stimmung. Man denkt sofort, nie mehr Krieg.
Rechtes
Bild: Das Bild könnte an einem sonnigen Sommertag aufgenommen sein, es
zeigt zwei Frauen und einen Mann, die bereitwillig stehen bleiben und sich
freundlich lächelnd fotografieren lassen. Ruhe, Friede, Gelassenheit und einfaches
Glück machen sich breit. Das Photo wird in der Zeit nach dem Wiederaufbau
entstanden sein. Die kleinen Einfamilienhäuser im Hintergrund und die sonntägliche
Kleidung deuten darauf hin, dass man sich wieder etwas leisten kann, das Leben
bedeutet nicht mehr nur Arbeit. Die Sinne sind wieder offen für die Schönheiten
der Natur. Das Bild vermittelt auch den Eindruck, als ob Zeit keine Rolle
spiele.
Linkes Bild: Armut, harte Arbeit und Freudlosigkeit beschreibt dieses
Bild. Die beiden schwerbepackten Frauen haben keine Zeit, in die Kamera zu
schauen. Gesichtsausdruck und Haltung deuten daraufhin, dass sie ein schweres
und entbehrungsreiches Leben führen, dass sie hart ums Überleben arbeiten
müssen. Düster sind auch die Wohnverhältnisse im Hintergrund. Ich könnte mir
vorstellen, dass das Bild aus einem gegenwärtigen Kriegsgeschehen, z.B. aus
dem Bosnienkrieg stammt. Dieser zeitliche Kontext würde auch die Anordnung
der Bilder erklären.
Die
beiden Bilder stellen große Gegensätze dar.
Rechtes Bild: Zu sehen sind ein Stück Straße, dahinter eine Wiese,
ein Wald und zwei Häuser. An diesem hellen Sommertag sind ein Mann und zwei
Frauen unterwegs, wenn sie auch für den Fotografen gerade stehenbleiben und
freundlich in die Kamera blicken.
Die Gegend könnte österreichisches Alpenvorland sein, etwa aus den Hausformen
zu schließen. Auch das Dirndlkleid der einen Frau deutet darauf hin. Ebenso
kann eine zeitliche Zuordnung nur vage erfolgen. Vor und unmittelbar nach
dem Zweiten Weltkrieg konnte man noch nebeneinander auf der Straße gehen,
weil es kaum Autos gab. Alle drei tragen einfache und ohne Rücksicht auf eine
Moderichtung kombinierte Kleidung. Man könnte vielleicht auf etwa 1950 schließen.
Wann und wo aber trugen Frauen solche Kappen? Vielleicht bekamen sie sie von
Besatzungs- Soldaten geschenkt. Die Gürtelschnalle des Mannes dürfte ein Souvenir
aus seiner Militärzeit sein. Der Maschendrahtzaun zwischen Wiese und Wald
verrät allerdings eher die gestiegene Wirtschaftskraft der 60er oder 70er
Jahre. Wohin sind die drei unterwegs? Ihr Handgepäck deutet auf einen Ausflug,
einen Besuch (Blumenstrauß), sie sind vielleicht auf dem Weg zum oder vom
Bahnhof. Das Bild ist jedenfalls der Ausdruck einer gewissen Idylle, von Zufriedenheit
oder Heiterkeit einiger Leute, und sei es nur über die Gelegenheit, einmal
fotografiert zu werden.
Linkes Bild: Ganz anders dieses Bild. Es ist etwas unterbelichtet.
Zwei Frauen eilen über einen unebenen Platz, vorbei an einem Stapel von Holzresten
oder Abfällen. Dahinter sind Bänke und die Mauern eines ebenerdigen Gebäudes
erkennbar. Die Unschärfe der Aufnahme und die Haltung der Frauen vermitteln
einen Eindruck von Eile. Auf dem Rücken schleppen sie große Säcke, vielleicht
gefüllt mit Bettzeug. Ihre Gesichter drücken Sorge, Trauer, auch Angst aus.
Sie bemerken den Fotografen nicht, und vermutlich interessiert es sie in dieser
Situation auch nicht, ob sie beobachtet werden oder wie sie gerade aussehen.
Ihre dicken Jacken verweisen auf Kälte und Nässe, trotzdem stecken ihre Füße
nur in Sandalen. So spricht vieles dafür, dass sie auf einer überstürzten
Flucht sind. Da war keine Zeit, die Koffer zu packen, da ist kein Mobiliar
zu sehen, auch kein Fahrzeug oder eine hilfreiche Männerhand. Es wäre denkbar,
dass hier zwei Frauen aus Osteuropa - Kopftücher sind dort üblicher - vor
der heranrückenden Wehrmacht der Nationalsozialisten fliehen, aber auch, dass
es sich um Bombenopfer oder vor den Sowjets fliehende Deutsche handelt. Aus
dem Bild spricht verzweifelte Flucht vor Gewalt.
Rechtes
Photo: Die Menschen auf diesem Bild machen auf mich einen unsicheren,
doch trotz mancher Befürchtungen und Sorgen einen eher optimistischen, ja
auch hoffnungsvollen Eindruck. Das Wenige, das sie bei sich tragen, tragen
sie mit einem trotzigen Stolz und versuchen so ein Stück ihres Weges zu finden.
Die sommerliche, kräftig scheinende Natur im Hintergrund verstärkt die positive
Wirkung, die Atmosphäre des Bildes auf mich.
Linkes Photo: Im Gegensatz zum rechten Bild hat dieses auf den ersten
Blick eine bedrückende, lastvolle, angstauslösende Wirkung auf mich. Auch
die Beiden schreiten ein Stück ihres Weges, es scheint jedoch ein Weg in Not
und Bedrängnis zu sein. Der Mensch im Vordergrund wirkt auf mich verzweifelt,
als ob er keinen Ausweg für seine Situation findet, keine Kraft mehr aufbringt
sie zu ändern. Auch in diesem Bild verstärkt der zerstört, ärmlich und trostlos
wirkende Hintergrund, den Ausdruck, den die Menschen im Bild vermitteln. "
UNFREIHEIT " - Der Titel, den ich für dieses Bild wählen würde.
Rechtes
Bild: Auf dem Bild sehe ich 3 Personen. 1 Mann und eine Frau. Die 2 Frauen
sind im bäuerlichen Stil bekleidet. Der Mann ist mit einer Kniebundhose und
einem Hemd, welches er so geöffnet hat, dass ein großer Teil seiner Brust
sichtbar ist. Die zwei Frauen haben als Kopfbedeckung Schildmützen. Sie tragen
verschiedene leichte Gepäckstücke, eine Frau hat einen Blumenstrauß auf ihrer
Tasche. Der Mann trägt in der rechten eine Handtasche. Die andere Frau einen
kleinen Koffer. Im Hintergrund sieht man 3 Häuser - im Vordergrund eine Straße.
Die ganze Szene wirkt gestellt. Alle 3 Personen schauen in die Kamera.
Linkes Bild: Auf dem Photo sind 2 Frauen abgebildet. Sie sind jeweils
bekleidet mit Rock und Jacke. Beide tragen ein Kopftuch. Sie tragen Säcke,
welche recht gefüllt erscheinen, wobei im Gesicht der Frau im Vordergrund
und an ihrer Art den Sack zu tragen, es erscheint, dass der Sack nicht besonders
schwer ist. Im Hintergrund sind 2 flache Häuser zu erkennen (es ist nicht
ersichtlich ob die Häuser Wohnzwecken dienen). Die Szene selbst wirkt nicht
gestellt, außerdem ist das Photo etwas verwischt, wodurch bei mir der Eindruck
von Dynamik entsteht.
Das rechte Bild wirkt wie eine "Überlandpartie" und die Menschen darauf könnten
meine Großeltern sein. Das Photo passt nicht mehr. Das linke Bild erinnert
mich an eine Fluchtszene - passend durchaus in die heutige Zeit (Ex Jugoslawien).